kk-gruppe berlin

Referent: Manfred Freiling

Vortrag und Diskussion

Deutscher Imperialismus 2014

Ein Wirtschaftskrieg gegen Russland und Waffenlieferungen in den Irak

„Deutschland muss mehr internationale Verantwortung übernehmen, notfalls auch mit militärischen Mitteln“ (Gauck).

Die Ansage scheint Früchte zu tragen. Obwohl zu Jahresbeginn kein Mensch von unterdrückten Ukrainern oder verfolgten Jesiden wusste, denen „wir“ zu Hilfe eilen müssen: Unsere Marktwirtschaft – in Gestalt von Konzernen, Banken und Waffenschmieden – erhört die Mahnung, folgt dem Boykottaufruf gegen „Putins Imperialismus“, lässt sich Rüstungsexporte nach Russland verbieten; gleichzeitig beliefert die Große Koalition die kurdische Regionalregierung im Irak. In Gegensatz zu „russischer Machtpolitik“ oder „Steinzeit-Islamisten“, die „im  21. Jahrhundert keinen Platz haben dürfen“ (Obama), ist die freiheitlich-demokratische Weltaufsicht des Westens hochmodern. Dabei will, also „muss“ Deutschland mitmischen.

1. Wer je daran geglaubt haben sollte, Handel und Wandel hätten mit Gewalt und Erpressung nichts zu tun, Kommerz wäre unvereinbar mit Kampf, die kapitalistische Geschäftemacherei wäre ein Sachzwang zu friedlicher Verständigung der Nationen, oder was dergleichen Lobsprüche auf die wunderbare Einheit von Markt und Zivilgesellschaft mehr sind: Der dürfte durch die jüngste Ukraine-Politik des Westens und der deutschen Regierung eines Besseren belehrt werden.

Die USA führen gemeinsam mit EU-Partnern allen Ernstes einen Wirtschaftskrieg, dem sie die Aufgabe zuweisen und die Leistung zutrauen, die nach ihnen größte Atommacht des Globus in die Knie zu zwingen und den Nachfolgestaat der Sowjetunion, der sich über zwei Kontinente erstreckt und in allen internationalen Aufsichtsgremien als Träger und Mit-Garant der Weltordnung beteiligt ist, auf Rang und Gewicht einer „Regionalmacht“ zurückzuwerfen.
Dabei ist der BRD eine herausragende Rolle zugedacht. Gerade weil sich die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland so gut entwickelt haben, taugt ihr Abbruch zur Schädigung des Handelspartners in einem Grad, den er – der Absicht nach –  nicht aushält. Die deutsche Regierung hat sich entschieden, den Auftrag nach Kräften zu erfüllen: Der weltpolitische Nutzen, in dieser Front federführend mitzumischen, scheint den Preis wert zu sein, den ihre Wirtschaft dafür zahlt.

2. Und wer je geglaubt haben sollte, den kapitalistischen Demokratien wäre Waffengewalt als Mittel zur Durchsetzung nationaler Ansprüche an die auswärtige Staatenwelt irgendwie fremd oder deren Einsatz wäre, wenn schon, dann nur das allerletzte Mittel für den edlen Zweck, unterdrückte Völker von blutrünstigen Tyrannen zu befreien: Der dürfte auch und gerade in den Jahrzehnten nach dem Ende des Kalten Kriegs kaum einen Monat ohne Enttäuschung erlebt haben.

So hat auch der einstige Hoffnungsträger friedliebender Menschen die Golfkriegs-Front seiner Vorgänger erneuert. Um den Marsch der ISIS-Truppen auf Bagdad zu stoppen, sprich: „das Krebsgeschwür der Tyrannen-Armee auszumerzen“, starten die USA Luftangriffe auf ihren neuen Feind, schützen zwischen die Fronten geratene jesidische Flüchtlinge und bewaffnen kurdische Milizen. Diesen Krieg ist der Chef der Weltaufsichtsmacht Nr. 1 seiner „Verantwortung“ schuldig.

Wie in ähnlichen Fällen zuvor suchen die NATO-Partner nach ihrer Rolle in der Gewaltkonkurrenz. Die wirtschaftliche Führungsnation der EU, jedoch militärische Mittelmacht Deutschland ist erstmals entschlossen, als weltweit drittgrößter Exporteur „Waffen in Krisengebiete zu liefern“, wo sie ja auch hingehören. Der sog. „Tabubruch“ ist kein Kniefall vor den Profiten der Rüstungsindustrie, sondern bezeugt den imperialistischen Emanzipationswillen dieser Republik.

Mit welchen Zielen und Mitteln Deutschland an seiner Rolle als Weltmacht arbeitet: Dazu einige sachdienliche Hinweise auf der Diskussionsveranstaltung des GegenStandpunkt-Verlags in Berlin.